Sinnlose Sprengung der Saalebrücken

Zeitzeugenbericht
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Standort: Marktbrücke
Zeitzeugenbericht
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Die Zeitzeugenberichte stammen von
Irma Ludwigsen, Mitarbeiterin in der SAB Sächsisch Anhaltischen Armaturenfabrik
„Abends werden unsinnigerweise noch die Brücken gesprengt, die Eisenbahnbrücke, die Annenbrücke und die SA-Brücke. Diese wunderschöne Betonbrücke musste mehrmals gesprengt werden, bevor sie ins Wasser fiel.“
Dr. Ernst Eilsberger, er schildert den Bericht des an der Brücke wohnenden Buchdruckereimeisters Gustav Kunze
„Die Saalebrücke (Brücke der SA) ist am 13.April morgens gesprengt worden. Die vorgehenden drei Sprengungen am Abend und in der Nacht des 12. April hatten keinen oder nur geringen Erfolg, da die großen Sprengladungen nur auf die Brücke gelegt worden waren und Oberdruck erzeugten. Die anliegenden Häuser sind durch diese ersten drei Sprengungen zerstört worden. Nach Aussagen meines Gewährmannes hatte bei der vierten Sprengung zwei Fliegerbomben unter den Sprengkammern also endlich an der richtigen Stelle) angebracht, was dann auch die Sprengung der Brücke zur Folge hatte. Durch diese vierte Sprengung sind die anliegenden Häuser wohl nicht mehr weiter beschädigt worden. Die Ladung der vierten Sprengung soll nur 1/10 einer Ladung der drei ersten Sprengungen betragen haben. Der Umfang des Schadens am Saalplatz und an den anliegenden Straßen auf beiden Seiten der Saale wurde von der Polizeibehörde mit folgenden Ziffern festgestellt: schwer beschädigt 28 Geschäftshäuser und 10 Wohnhäuser, leicht beschädigt 75 Geschäfts und 137 Wohnhäuser. Wenn die Verwüstung einen derartigen Umfang annahm, so ist der Grund auch darin zu suchen, dass vorher keine ausdrückliche Benachrichtigung von der Sprengung und ihren Folgen an die Umwohner ergangen war und diese deshalb keinerlei vorbeugende Maßnahmen getroffen hatten, insbesondere die Fenster nicht geöffnet hatten und durch die plötzliche Explosion aufs höchste erschreckt wurden. Noch 10 Wochen nach der Sprengung füllten große Haufen Mauerschutt und Glasscherben den Saalplatz und die angrenzenden Straßen bis hinauf zum Alten Gottesacker, dessen Friedhofskapelle sogar schwer beschädigt wurde. Das dicht an der Brücke stehende SA-Denkmal, das gelegentlich der vor 10 Jahren am 14. April 1935 erfolgten Einweihung der Brücke enthüllt worden war, hatte bei der Sprengung keinen Schaden erlitten, wurde aber später abgetragen.“
Ursula Ohlsen, Krankenschwester im Lazarett im Kurhaus
„Wir wohnten in der Schlossstrasse, unweit der SA-Brücke. Stunden später erfuhren wir, dass die Brücke gesprengt werden sollte, es aber nicht gelungen war. Am nächsten Tag, dem 13. April 1945, gegen 5.00 Uhr, kam jemand in den Keller und sagte, dass die Brücke nochmals gesprengt werden sollte. Die Sprengung erfolgte dann gegen 8.00 Uhr- mit Erfolg. Wie sollte ich nun zur Arbeit kommen? Abwarten. Gegen Mittag kam ein Bote, um mich zur Arbeit zu holen. Er erzählte mir, dass man direkt neben der Brücke eine Bootsanlegestelle für das Militär errichtet hat.“
Hans-Wolf Pietscher, seit 1938 in der Hitlerjugend und zum „Volkssturm“ einberufen
„In der Nacht waren übrigens die Bernburger Brücken gesprengt worden, so dass wohl von dieser Seite keine großen Angriffe zu erwarten waren. Am darauffolgenden Vormittag trieben wir einen großen Tauschhandel mit Waffen und Munition aller Art. Am Nachmittag wurden wir abgelöst und hatten Ruhe und endlich einmal wieder warmes Essen. Nach ein paar Tagen der Ruhe wurde die Sache wieder brenzlich, ein Alarmbefehl jagt den anderen. Endlich werden wir alle auf ein Auto verladen, und ab geht es nach Baalberge. Dort liegt eine zusammengeschmolzene Division. Wir gehen in Stellung. Nach ein paar Stellungswechseln buddeln wir uns endlich ein endgültiges Loch. Das waren wüste Tage, ein dolles Landsknechtsleben: Wir schossen nach Hasen, rauchten wie die Schlote und tranken Schnaps, manche hatten auch Mädels da. In der Ferne sah man die Ami-Panzer fahren und bubbern, sie kreisten Bernburg ein.“
Die Zeitzeugenberichte wurde eingesprochen von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Carolinum Bernburg.
Die Themenwoche „80 Jahre Kriegsende in Bernburg“ wird finanziert vom Land Sachsen-Anhalt.